moin zusammen,
ich habe mir mal den Spaß gemacht und diesen Text aus Autocar übersetzt, es steht viel Interessantes darin, insbesondere, weil man in Deutschland über die Arbeit von Cosworth wenig bis gar nichts erfährt.
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Flagge zeigen
Aus heiterem Himmel kam die Anfrage von Mercedes-Benz: Entwickelt uns einen 320 PS Gruppe B Rennmotor. Cosworth Engineering gehorchte und das Ergebnis dieser Beziehung mit den Deutschen treibt den neuesten Mercedes 190 E an.
Unter der Haube des Mercedes-Benz 190 E 2.3-16 steckt das Potential für 320 PS. Es gibt nur wenige Unterschiede zwischen dem 185 PS Großserienmotor, der das Flaggschiff der 190er Baureihe antreibt, und dem Gruppe B Rennmotor, den Cosworth ursprünglich für den Stuttgarter Autohersteller entwickeln sollte.
Man könnte annehmen, daß ein so gewaltiger Hersteller wie Daimler-Benz doch in der Lage sein würde, seine Sportmotoren selbst herzustellen. Es war sicherlich eine ziemliche Überraschung für Cosworth Engineering, als Mercedes-Benz Mitte der 80er an sie herantrat und nachfragte, ob sie denn eine Rennversion auf der Basis des bewährten 2,3 Liter Motors entwerfen würden.
Überraschung hin oder her, Cosworth ergriff die Gelegenheit und übergab die Entwurfsarbeit an Mike Hall, der schon für die legendären DFV und BDA Ford-Cosworth Motoren verantwortlich gezeichnet hatte.
Das Zeichenbrett von Mike Hall war leer, als wir an seinem Büro anklopften – Cosworth macht eine Menge vertraulicher Entwicklungsarbeit für andere Motorenhersteller und die Raumfahrtindustrie, die sind nicht sonderlich erpicht darauf, daß mit Kameras behängte Journalisten durch die Räume wandern – aber an den Wänden seines Büros hingen farbenprächtige Bilder des Cosworth-Mercedes-Benz 2.3-16 Motors, eines davon zeigte den Motor bei einem Belastungstest, wobei dieser unglaublich geformte Auspuffkrümmer kirschrot glühte.
„Eigentlich war es ganz einfach“ sagt Hall bescheiden, während er mit der Hand auf das Ausstellungsmodell eines Sechzehnventiler Kopfes auf seinem Schreibtisch weist. „Angefangen damit, daß der 2,3 Liter Block bereits sehr kräftig war. Wir haben den Block praktisch so übernommen.“
Es gibt zusätzliche Abweisbleche im Ölsumpf um extremes Pantschen zu vermeiden, das bei den höheren Drehzahlen auftritt, die der Motor mit dem Cosworth Kopf nun mitmacht, aber Pleuelstangen, Lager und Lagerdeckel sind unverändert.
„Es ging also darum, die Kenntnisse aus der Entwicklung der DFV und BDA Motoren hier anzuwenden. Also ist der Kopf hauptsächlich ein Cosworth Entwurf mit dachförmigem Brennraum.“
Das vorausgeschickt, unterscheidet sich der Mercedes-Cosworth Kopf doch in einigen entscheidenden Punkten von den sonstigen Cosworth Köpfen. „Um mal einen Punkt herauszugreifen,“ sagt Hall, „dies ist der erste Cosworth Kopf, der in einem Stück gegossen wird., der Nockenwellenkasten ist integraler Bestandteil des Kopfes. Dies ist eigentlich nur eine wirtschaftlich begründete Maßnahme – es ist tatsächlich günstiger, den Kopf in einem Stück zu gießen, wenn man relativ geringe Stückzahlen von vielleicht 5000 pro Jahr herstellen will. Und so fiel die Entscheidung, den Kopf in einem Stück zu gießen, wodurch viele Details der Konstruktion bestimmt waren.
„Die meisten bisherigen Cosworth Köpfe hatten einen Ventilwinkel von um die 40°. Bei diesem Kopf mußten wir auf 45° gehen, einfach, weil die Nockenwellenlagerung weiter nach außen rücken mußte, damit die Zylinderkopfschrauben zugänglich bleiben.“
„Aus demselben Grund mußten die Nockenwellenlager von ihrer üblichen Position zwischen den Zylindern verschoben werden – sie hätten sonst den Zugang zu den darunterliegenden Kopfschrauben verwehrt. Die neue Position der Lager ist nun zwischen den Ventilen eines jeden Zylinders, was zufälligerweise auch den großen Vorteil hat, die Durchbiegung der Wellen zu begrenzen, so daß der Motor problemlos höher drehen kann.“
„Dieser spezielle Ventilwinkel ermöglichte es mir, einen Brennraum zu gestalten, der mit einem ebenen Kolbenboden auf die nominelle Verdichtung von 10,5 : 1 kommt, die ich wiederum für einen guten Wirkungsgrad brauchte. Die gesamte Konstruktion ist wirklich sehr leistungsfähig.“
„Der ursprüngliche Auftrag war, einen Rennmotor zu bauen, der um die 320 PS mobilisieren sollte. Daher sind die Ventlie die größten, die man überhaupt im Brennraum unterbringen kann.“
„Die großen Ventile bringen das Gemisch schnell in den Brennraum und erzeugen dabei ausreichende Verwirbelung, um eine ausgezeichnete Gemischverteilung sicher zu stellen. Ich mußte keine weiteren Maßnahmen für zusätzliche Verwirbelung treffen. Die Zündkerze wurde genau mittig oben im Brennraum angeordnet, so daß die Verbrennung sich gleichmäßig durch das Gemisch ausbreitet.“
Die Umsetzung bei Daimler-Benz mag daran gescheitert sein, daß niemand mit einem Saugmotor in der Gruppe B noch ernsthaft konkurrenzfähig gewesen wäre, auch wenn man die aktuellen Diskussionen über die Anrechnung von Turbo-Hubräumen berücksichtigt. Aus welchem Grund auch immer ließen die Deutschen 1983 den Plan für einen bei Cosworth entwickelten Rennmotor fallen und entschieden stattdessen, eine gezähmte Version als Antrieb in ihrem Spitzenmodell der 190er Baureihe zu verwenden.
Hall ging also an sein Zeichenbrett zurück aber alle Änderungen, die nötig waren, um den Cosworth Kopf auf die geforderten 185 PS zu drosseln, beschränkten sich auf die Verkleinerung von Einlaß- und Auslaßöffnungen und darauf, zahmere Nockenprofile zu verwenden. Es gab keinen Bedarf mehr für Trockensumpfschmierung oder die spezielleln Pleuelstangen, die ausgefeilte Kugelfischer Einspritzanlage wich einer eher alltäglichen, elektronisch gesteuerten mechanischen Bosch K-Jetronic.
Das Ergebnis ist eine bemerkenswert muntere Maschine mit einem sehr flachen Drehmomentverlauf und einem großen nutzbaren Drehzahlbereich. Die großen Ventile und die hohen Gasgeschwindigkeiten durch die leicht gedrosselten Kanäle sorgen insbesondere für ausreichend Drehmoment im unteren Drehzahlbereich, so daß der Serienmotor im obersten Gang locker über 140 Meilen pro Stunde macht – und trotzdem einen guten Eindruck im Stadtverkehr bei 30 Meilen pro Stunde hinterläßt.
Der Kraftstoffverbrauch ist auch gut, dies könnte ein weiterer Grund sein, weshalb Mercedes-Benz gerade Cosworth diese spezielle Entwicklungsarbeit ausführen lies. Mercedes ist sehr darauf bedacht, daß alle seine Motoren die kommenden Europäischen Abgasbestimmungen einhalten und das Rezept von Cosworth ist saubere Verbrennung – da werden die Anforderungen von Mercedes erfüllt.
„Übrigens,“ sagt Hall, „mein Motor würde bei einer Umrüstung auf bleifreies Benzin mit einer kleineren Leistungseinbuße abschneiden, als alle anderen Motoren, die Mercedes aktuell einsetzt.“
Rennmotoren müssen nicht unbedingt so konstruiert werden, daß sie einfach gewartet oder repariert werden können. Ein Großserienmotor für einen Automobilproduzenten wie Mercedes-Benz ist etwas ganz anderes, also hat Hall sich beim Entwurf des Motors auch hierzu einige Gedanken gemacht. Ein wichtiges Ergebnis davon ist, daß Einlaß- und Auslaßnockenwellen Gleichteile sind sind, sie können weiterhin ausgebaut und ersetzt werden, ohne daß die Steuerzeiten verändert werden – sie sind mit den Kettenrädern verzapft und müssen blos aus dem Antrieb geschoben werden, ohne die Steuerkette auszubauen.
Steuerkette?
„Es gibt viele ganz einfache Lösungen bei diesem Motor,“ sagt Hall, „wir haben uns entschlossen, die einfache Rollenkette zu übernehmen, da der Ausgangsmotor sie auch verwendet. Mercedes entschied sich damals gegen hydraulischen Ventilspielausgleich also erhielt mein Kopf einfache mechanische Tassenstößel mit Einstellscheiben. Das funktioniert ganz prima. Im August 1983 stellten in Nardo drei Vorserienfahrzeuge mit genau diesem 185 PS Sechzehnventil Motor drei Langstreckenrekorde bei über 153 Meilen pro Stunde auf. Nach ungefähr 50.000 km anstrengender Fahrerei hat man die Motoren zerlegt und fand sie in erstklassigem Zustand. Das Ventilspiel war noch innerhalb der Einbautoleranzen..“
Das sicherlich optisch am stärksten hervorstechende Merkmal des Motors mit dem Cosworth Kopf ist sein bemerkenswerter Auspuffkrümmer. Jeder Auslaßkanal hat seinen eigenes gewundenes Flammrohr. Das Rohr des vorderen Zylinders biegt sich sanft nach hinten, während die Rohre der übrigen Zylinder sich um dieses Rohr winden, somit ihre abgestimmten Längen beibehalten und in ein gemeinsames Rohr münden. Für die rechtsgelenkten Fahrzeuge ist der Auspuffkrümmer ein noch unglaublicheres Stück Rohrbiegekunst, die Änderungen wurden nötig, um Platz für das Lenkgetriebe zu schaffen.
„Nur die Perfektionisten bei Mercedes-Benz konnten sich ein solch aufwendige Lösung einfallen lassen,“ sagt Hall, „das ist eine unglaubliche Rohrbiegearbeit. Ich glaube, die Arbeiter bei Mercedes nennen den Krümmer Waldhorn...“
Der Krümmer ist von Mercedes-Benz, aber eigentlich liefert Cosworth fertig montierte Köpfe nach Stuttgart, die nur noch festgeschraubt werden müssen.
„Die Köpfe werden in unserer high-tech Gießerei in Worcester gegossen. Wir erhalten ein sehr gutes Giesergebnis, ohne Einschlüsse und mit einer guten Oberflächengüte – so gut, daß wir die Kanäle oder die Oberfläche des Brennraumes nicht mehr bearbeiten müssen. Die einzige Nachbearbeitung besteht aus dem Planen der Unterseite des Kopfes, der Seitenflächen zu den Krümmern und der Nockenwellenlagergehäuse sowie im Bearbeiten der Ventilsitze.“
Schnell fügt Hall noch hinzu, daß durch die großen Flächen der Ventilteller im Brennraum dort sowieso nicht viel unbearbeitete Oberfläche übrig bleibt. „Unsere Köpfe werden alle auf Dichtigkeit abgedrückt und das Ventilspiel ist ab Werk eingestellt.“
„Einige Köpfe werden bei Mercedes selbst bearbeitet und zusammengebaut, da wir im Moment die Nachfrage nicht bedienen können. Ich glaube, selbst Mercedes ist von der Nachfrage nach dem Sechzehnventiler überrascht – ich hörte, es gibt eine Wartezeit von einem Jahr auf dem Inlandsmarkt und Mercedes orientiert sich bereits Richtung Amerika.
Die Bildunterschriften:
Chef der Entwurfsabteilung bei Cosworth, Mike Hall, mit dem 16V Doppelnocker Kopf, den er für die Mercedes-Benz 2,3 Liter Maschine konstruiert hat. Der Kopf hat die typische Dachform, begründet bei den berühmten DFV und BDA Rennköpfen, aber es ist der erste Kopf von Cosworth, der in einem Stück mit integriertem Nockenwellenkasten gegossen wurde.
Unten: Die unglaublich gewundenen Auspuffkrümmer für die Cosworth-Mercedes 16V Motoren; die Version für rechtsgelenkte Fahrzeuge (darunter) ist noch aufwendiger, um Platz für das Lenkgetriebe zu schaffen. Ganz unten: Die Verbindung zwischen Mercedes-Benz und Cosworth kam ziemlich überraschend, aber Hall ist mit dem Gesamtergebnis sehr zufrieden.
aus Autocar, August 1985
Übersetzung von Christian Martens
[hr]
viel Spaß damit,
Christian
edit: und noch 25 Rechtschreibpfähler
