Sportliche Fahrwerksabstimmung u. entspr. Reifen-/Felgenwahl

Nachdem wir in einem anderen Thread auf das Thema "Fahrwerksabstimmung" gekommen sind, möchte ich das Thema mal als eigenen Thread starten.
Im Thread "Härtere Stabis" schrieb Chris Martens: "Kennt jemand eigentlich ein Buch, eine anständige website o.ä. über Fahrwerksabstimmung bei Straßenfahrzeugen? Ich meine, die Freiheiten - auch finanziell - die man im Rennsport hat, sind für die meisten Sechzehnventiler ja uninteressant."
Da hätte ich auch starkes Interesse dran. Ich hab schon verzweifelt versucht, in Büchern und im Internet brauchbares zu finden, jedoch ohne großen Erfolg. Kürzlich hatte ich aus der Bad. Landesbibliothek und der Stadtbücherei KA etliche (Fach)Bücher ausgeliehen, aber entweder war das belanglos, oder fachchinesisch, mit dem ich als Laie nicht viel anfangen konnte (Formelsalat). Einen praxisnahen Leitfaden hab ich nicht gefunden.
Ich schreib hier mal meinen bisherigen Wissensstand zusammen (der Vollständigkeit halber auch einige Binsenweisheiten):
Generell lasse ich Komfort und Optik hier außen vor. Klar sind das auch wichtige Aspekte, ich möchte mich jedoch hier ausschließlich mit der Optimierung der Fahrdynamik befassen.
Härtere Federn oder Stabi an der VA reduzieren das Übersteuern.
Härtere Federn oder Stabi an der HA reduzieren das Untersteuern (und umgekehrt).
(Hätte ich aus meinem Gefül heraus genau andersherum erwartet).
Um schnell zu sein gilt prinzipiell: So hart wie möglich (um Wanken und Nicken zu minimieren), allerdings weich genug, damit man bei Bodenwellen oder Schlaglöchern die Bodenhaftung nicht verliert. Da muss letztlich immer ein Kompromiss her, der eine liebt es eher härter und bekommt dann auf schlechter Strecke Probleme, der andere ist mit einer etwas weicheren Abstimmung auf der sichereren Seite, kämpft aber z.B. in Hockenheim dann mit Wanken. DAS schnellste Fahrwerk gibt es nicht. Was in Hockenheim schnell ist, damit hüpft man in den Alpen von der Straße. Es ist insbesondere gefährlich, die HA-Zugstufe zu hart zu wählen. Bei einer Welle droht der Verlust der Haftung an der HA, da das Rad nicht schnell genug ausfedern kann, was meist zu einem Abflug führt. Ich spreche da aus alten Manta-Zeiten (Starrachse) aus Erfahrung; also: härter ist nicht automatisch besser.
Speziell für Hockenheim gilt: Es kann eigentlich nicht hart genug sein, da die Strecke kaum Unebenheiten enthält.
So versteht man auch schnell den Vorteil des verstellbaren Fahrwerks. Man kann die Fahrwerksabstimmung an verschiedenen Streckenverhältnisse anpassen.
Um ein fahrdynamisch gutes Ergebnis zu erreichen, sollten Federn UND Dämpfer getauscht werden. Federn alleine bringen evtl. auch was, sind aber meist nur minimal härter, da sie sonst mit den originalen Dämpfern nicht mehr harmonieren würden. Eine schlecht gemachte Tieferlegung mittels kurzer Federn ist oft fahrdynamisch schlechter als das Originalfahrwerk, insbesondere auf schlechter Straße (optisch sieht das natürlich anders aus).
Tieferlegen bringt den Schwerpunkt nach unten und reduziert Wanken und Nicken (fahrdynamisch positiv). Dabei gilt natürlich das oben gesagte: Es muss genügend Federweg bleiben, um auch auf schlechter Straße guten Grip zu behalten. Auch hier gilt: Tiefer ist nicht automatisch besser, besonders auf schlechter Straße. Wer auf den Anschlaggummis daherkommt, hüpft bei der ersten Welle mit Rennspeed von der Straße.
Ein Großteil des fahrdynamischen Potentials liegt bereits im Konstruktionsprinzip eines Wagens verborgen (z.B. Starrachse oder Einzelradaufhängung etc.), aber wir haben ja alle die gleiche (recht gute) Basis, so dass ich das mal hier außen vor lassen möchte.
Stärkerer negativer Sturz ist vorteilhaft für die Kurvengeschwindigkeit, führt jedoch im Alltag zu einseitigem Reifenverschleiß.
Andere Reifen/Felgen:
Je mehr Niederquerschnitt, desto weniger verformt es den Reifen in der Kurve und desto besser liegt die Reifenaufstandsfläche auf dem Asphalt. Extreme Niederquerschnittsreifen scheinen daher vorteilhaft, ALLERDINGS: Da bei uns ja der Raddurchmesser nur wenig flexibel ist, heißt großer Niederquerschnitt auch gleichzeitig größere Felge. Je größer die Felge, je schwerer wird jedoch das Rad. Beispiel: Ein Rad 225/45/16 ist erheblich leichter als das fast gleich große Rad mit 225/35/18. Da die Räder zu den ungefederten Massen gehören, ist das fahrdynamisch nachteilig. Zudem "frisst" ein schweres Rad beim Beschleunigen viel mehr Energie, als wenn das Mehrgewicht im Kofferraum läge, da das Rad ja beim Beschleunigen entsprechend schneller rotieren muss. Beim Bremsen genau umgekehrt: Schwere Räder kosten extrem Bremse (auf der Rennstrecke)!
Breitere Reifen bringen mehr Gripp also auch höhere Kurvengeschwindigkeit und mehr Bremsverzögerung.
Bei breiteren Felgen ist der Gewichtszuwachs lange nicht so extrem wie bei größerem Felgendurchmesser. Eine der Reifengröße angepasste breite Felge ist auf jeden Fall positiv, z.B. kann ein 225er Reifen durchaus auf einer 8,5 Zoll Felge gefahren werden (am Bordstein rempelt dann allerdings die Felge vor dem Reifen).
Meine Erfahrung mit vielen verschiedenen Felgen (z.B. 235/35/18 auf 8x18 oder 205/45/17 auf 7,5x17 oder 225/45/16 auf 8x16, jeweils rundum) ist die, dass man bei serienmäßiger Leistung mit kleineren Felgen schneller ist, insbesondere wegen Vorteil beim Beschleunigen/Bremsen. Ich fahre also immer die kleinsten Felgen, die meine Bremsanlage noch zuläßt, das sind momentan 16 Zoll.
Übrigens ist der Gewichtszuwachs um so größer, je größer die Felge wird. Die Gewichtsdifferenz zwischen einem 18 und einem 17 Zoll Rad ist also größer als die zwischen einem 16 und einem 15 Zoll Rad. Von daher könnte es sein, dass 225/45/16 trotz geringem Mehrgewicht besser ist als 225/50/15, weiß ich aber nicht und kann es wegen der großen Bremse auch nicht mehr ausprobieren.
Selbstverständlich spielt bei der Fahrwerksabstimmung normalerweise der Komfort eine große Rolle. Klar ist, dass Dynamikgewinn mit härteren Federn/Dämpfern/Stabis/hohem Niederquerschnitt mit Komforteinbußen verbunden sind. Auch hier muss ein Kompromiss eingegangen werden.
Man kann übrigens das Untersteuern auch reduzieren oder das Übersteuern vergrößern, indem man die Vorspur an der HA reduziert. Ich hab es längere Zeit mit Spur 0 versucht. War bei Trockenheit OK, bei Nässe aber extrem gefährlich. Wenn das Heck ausbrach, dann nicht gutmütig wie bei Serieneinstellung, sondern abrupt und extrem, so dass der Wagen kaum mehr auf der Straße zu halten war. Also vor Spur 0 hinten ist auf jeden Fall abzuraten bzw. zu warnen. Ich werde jetzt mal eine Einstellung innerhalb der erlaubten Toleranzen versuchen, aber nicht mittig in der Toleranz, sondern mit etwas geringerer Vorspur.
Wer mich kennt, weiß, dass ich gelegentlich gerne mal Romane schreibe. Ich hoffe es hat jemand bis hierher durchgehalten...
Im Thread "Härtere Stabis" schrieb Chris Martens: "Kennt jemand eigentlich ein Buch, eine anständige website o.ä. über Fahrwerksabstimmung bei Straßenfahrzeugen? Ich meine, die Freiheiten - auch finanziell - die man im Rennsport hat, sind für die meisten Sechzehnventiler ja uninteressant."
Da hätte ich auch starkes Interesse dran. Ich hab schon verzweifelt versucht, in Büchern und im Internet brauchbares zu finden, jedoch ohne großen Erfolg. Kürzlich hatte ich aus der Bad. Landesbibliothek und der Stadtbücherei KA etliche (Fach)Bücher ausgeliehen, aber entweder war das belanglos, oder fachchinesisch, mit dem ich als Laie nicht viel anfangen konnte (Formelsalat). Einen praxisnahen Leitfaden hab ich nicht gefunden.
Ich schreib hier mal meinen bisherigen Wissensstand zusammen (der Vollständigkeit halber auch einige Binsenweisheiten):
Generell lasse ich Komfort und Optik hier außen vor. Klar sind das auch wichtige Aspekte, ich möchte mich jedoch hier ausschließlich mit der Optimierung der Fahrdynamik befassen.
Härtere Federn oder Stabi an der VA reduzieren das Übersteuern.
Härtere Federn oder Stabi an der HA reduzieren das Untersteuern (und umgekehrt).
(Hätte ich aus meinem Gefül heraus genau andersherum erwartet).
Um schnell zu sein gilt prinzipiell: So hart wie möglich (um Wanken und Nicken zu minimieren), allerdings weich genug, damit man bei Bodenwellen oder Schlaglöchern die Bodenhaftung nicht verliert. Da muss letztlich immer ein Kompromiss her, der eine liebt es eher härter und bekommt dann auf schlechter Strecke Probleme, der andere ist mit einer etwas weicheren Abstimmung auf der sichereren Seite, kämpft aber z.B. in Hockenheim dann mit Wanken. DAS schnellste Fahrwerk gibt es nicht. Was in Hockenheim schnell ist, damit hüpft man in den Alpen von der Straße. Es ist insbesondere gefährlich, die HA-Zugstufe zu hart zu wählen. Bei einer Welle droht der Verlust der Haftung an der HA, da das Rad nicht schnell genug ausfedern kann, was meist zu einem Abflug führt. Ich spreche da aus alten Manta-Zeiten (Starrachse) aus Erfahrung; also: härter ist nicht automatisch besser.
Speziell für Hockenheim gilt: Es kann eigentlich nicht hart genug sein, da die Strecke kaum Unebenheiten enthält.
So versteht man auch schnell den Vorteil des verstellbaren Fahrwerks. Man kann die Fahrwerksabstimmung an verschiedenen Streckenverhältnisse anpassen.
Um ein fahrdynamisch gutes Ergebnis zu erreichen, sollten Federn UND Dämpfer getauscht werden. Federn alleine bringen evtl. auch was, sind aber meist nur minimal härter, da sie sonst mit den originalen Dämpfern nicht mehr harmonieren würden. Eine schlecht gemachte Tieferlegung mittels kurzer Federn ist oft fahrdynamisch schlechter als das Originalfahrwerk, insbesondere auf schlechter Straße (optisch sieht das natürlich anders aus).
Tieferlegen bringt den Schwerpunkt nach unten und reduziert Wanken und Nicken (fahrdynamisch positiv). Dabei gilt natürlich das oben gesagte: Es muss genügend Federweg bleiben, um auch auf schlechter Straße guten Grip zu behalten. Auch hier gilt: Tiefer ist nicht automatisch besser, besonders auf schlechter Straße. Wer auf den Anschlaggummis daherkommt, hüpft bei der ersten Welle mit Rennspeed von der Straße.
Ein Großteil des fahrdynamischen Potentials liegt bereits im Konstruktionsprinzip eines Wagens verborgen (z.B. Starrachse oder Einzelradaufhängung etc.), aber wir haben ja alle die gleiche (recht gute) Basis, so dass ich das mal hier außen vor lassen möchte.
Stärkerer negativer Sturz ist vorteilhaft für die Kurvengeschwindigkeit, führt jedoch im Alltag zu einseitigem Reifenverschleiß.
Andere Reifen/Felgen:
Je mehr Niederquerschnitt, desto weniger verformt es den Reifen in der Kurve und desto besser liegt die Reifenaufstandsfläche auf dem Asphalt. Extreme Niederquerschnittsreifen scheinen daher vorteilhaft, ALLERDINGS: Da bei uns ja der Raddurchmesser nur wenig flexibel ist, heißt großer Niederquerschnitt auch gleichzeitig größere Felge. Je größer die Felge, je schwerer wird jedoch das Rad. Beispiel: Ein Rad 225/45/16 ist erheblich leichter als das fast gleich große Rad mit 225/35/18. Da die Räder zu den ungefederten Massen gehören, ist das fahrdynamisch nachteilig. Zudem "frisst" ein schweres Rad beim Beschleunigen viel mehr Energie, als wenn das Mehrgewicht im Kofferraum läge, da das Rad ja beim Beschleunigen entsprechend schneller rotieren muss. Beim Bremsen genau umgekehrt: Schwere Räder kosten extrem Bremse (auf der Rennstrecke)!
Breitere Reifen bringen mehr Gripp also auch höhere Kurvengeschwindigkeit und mehr Bremsverzögerung.
Bei breiteren Felgen ist der Gewichtszuwachs lange nicht so extrem wie bei größerem Felgendurchmesser. Eine der Reifengröße angepasste breite Felge ist auf jeden Fall positiv, z.B. kann ein 225er Reifen durchaus auf einer 8,5 Zoll Felge gefahren werden (am Bordstein rempelt dann allerdings die Felge vor dem Reifen).
Meine Erfahrung mit vielen verschiedenen Felgen (z.B. 235/35/18 auf 8x18 oder 205/45/17 auf 7,5x17 oder 225/45/16 auf 8x16, jeweils rundum) ist die, dass man bei serienmäßiger Leistung mit kleineren Felgen schneller ist, insbesondere wegen Vorteil beim Beschleunigen/Bremsen. Ich fahre also immer die kleinsten Felgen, die meine Bremsanlage noch zuläßt, das sind momentan 16 Zoll.
Übrigens ist der Gewichtszuwachs um so größer, je größer die Felge wird. Die Gewichtsdifferenz zwischen einem 18 und einem 17 Zoll Rad ist also größer als die zwischen einem 16 und einem 15 Zoll Rad. Von daher könnte es sein, dass 225/45/16 trotz geringem Mehrgewicht besser ist als 225/50/15, weiß ich aber nicht und kann es wegen der großen Bremse auch nicht mehr ausprobieren.
Selbstverständlich spielt bei der Fahrwerksabstimmung normalerweise der Komfort eine große Rolle. Klar ist, dass Dynamikgewinn mit härteren Federn/Dämpfern/Stabis/hohem Niederquerschnitt mit Komforteinbußen verbunden sind. Auch hier muss ein Kompromiss eingegangen werden.
Man kann übrigens das Untersteuern auch reduzieren oder das Übersteuern vergrößern, indem man die Vorspur an der HA reduziert. Ich hab es längere Zeit mit Spur 0 versucht. War bei Trockenheit OK, bei Nässe aber extrem gefährlich. Wenn das Heck ausbrach, dann nicht gutmütig wie bei Serieneinstellung, sondern abrupt und extrem, so dass der Wagen kaum mehr auf der Straße zu halten war. Also vor Spur 0 hinten ist auf jeden Fall abzuraten bzw. zu warnen. Ich werde jetzt mal eine Einstellung innerhalb der erlaubten Toleranzen versuchen, aber nicht mittig in der Toleranz, sondern mit etwas geringerer Vorspur.
Wer mich kennt, weiß, dass ich gelegentlich gerne mal Romane schreibe. Ich hoffe es hat jemand bis hierher durchgehalten...